Mittwoch, August 02, 2006

Der Dioxin Skandal der Firma Verkest 1999

Aus der Hausarbeit von Sumiya aus Brüssel:
1999 kam es in Belgien zum sogenannten „Dioxin Skandal“, der europaweit Auswirkungen bis heute hat.
Die Firma Fogra hatte dabei für die Firma Verkest recycelte Fette und Öle gesammelt, wobei die Behälter von Frittieröl nicht klar von den Behältern von verbrauchten Motorenölen getrennt worden waren. Im Januar 1999 belieferte die Firma Verkest mehrere Futtermittelbetriebe mit diesen verseuchten Fetten, was zu Krankheitssymptomen und dem teilweise dem Tod von Geflügel in Zucht- und Mastbetrieben führte
Bei der Futtermittelanalyse wurde dann Dioxin in viel zu hoher Konzentration nachgewiesen.

Dioxin ist ein Gift, das über den Darm aufgenommen wird und sich im Körperfett einlagert. Gehirn, Fettzellen, Leber, Bauchspeicheldrüse und Herz werden durch Dioxin geschädigt.

Auch Chlorakne ist neben Verdauungs-, Nerven- und Enzymfunktionsstörungen und Muskel- oder Gelenkschmerzen ein Symptom einer Vergiftung. Verschiedene Studien zeigten eins krebserregende Wirkung von Dioxin. Dioxin wird beim Menschen ins Fettgewebe eingelagert und nicht wieder abgebaut.

Erst einen Monat nachdem den Ämtern die Dioxinbefunde in der Tiernahrung vorlagen, wurden die französischen und niederländischen Behörden darüber informiert, dass auch französische Betriebe mit dem verseuchten Tierfutter beliefert worden waren.
In Belgien wurden im Mai/Juni Schutzmassnahmen für Geflügel, Eier und mit Eiern hergestellte Produkte erlassen, kurz später stellte sich heraus, dass auch in der Rind- und Schweinefleischproduktion dioxinverseuchtes Futter eingesetzt wurde, so dass in einer Eilverordnung auch hier Schutzmassnahmen festgelegt wurden..
Während einer fünftägigen EU-Inspektion in Belgien wurden weiterhin neue Verordnungen erlassen und zurück gezogen, kurz nach Ankündigung der belgischen Regierung, dass ein Großteil der schweine- und rindfleischerzeugenden Betriebe wieder freigegeben seien, wurde dies wieder zurück gezogen, weil man sich nicht sicher war, ob die Listen der betroffenen Betriebe vollständig seien.
Die US-Regierung stoppte den Verkauf von Geflügel- und Schweinefleisch aus allen EU-Staaten.. In belgischen Supermärkten sah es aus wie in Kriegszeiten:
Nicht nur die riesigen Fleischtheken und Milchproduktabteilungen waren leer, jede Kekspackung, bei welcher der Ursprung der enthaltenen Eier nicht sicher war, wurde aus den Regalen entfernt.
Von allen Seiten kamen nun Warnungen. So gut wie alle tierische Erzeugnisse aus Belgien schienen betroffen zu sein, einschliesslich der Fische aus Fischzuchten!
Biologen rieten sogar vom Kauf belgischer Kartoffeln ab, da durchaus die Gefahr bestünde, dass sie mit kontaminierten Tierexkrementen gedüngt worden seien.
Während Geflügelzüchter die Regierung verklagten, die Listen der betroffenen Betriebe sofort frei zu geben, wurden Schlachtverbote verhängt, dann wieder zurückgenommen, dann doch wieder teilweise verhängt. Belgien hatte bis dahin durch den Skandal bereits einen Schaden von 30 Mrd. belgischen Francs, was damals ca. 1,5 Mrd. DM entsprach.
In der EU wurde über größere Transparenz und bessere Kontrollen bei Tierzucht und Nahrungsmittelkette diskutiert, der französische Landwirtschaftsminister Glavany forderte ein völliges Verbot von aus Tierkadavern produziertem Tiermehl. Ein solches Verbot galt bis dahin nur in Großbritannien und Portugal.
Die belgische Regierung und die EU stritten noch um den erlaubten Höchstwert von Dioxin in Milchprodukten.
Letztendlich eröffnete die Europäische Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Belgien, da das Land die Kommission nicht unmittelbar nach den Dioxin-Funden informiert und später die Anweisungen der Kommission nicht voll befolgt habe.
Mehrere Betriebe mussten schliessen, die Verordnungen und Verbote wurden wieder aufgehoben, aber die Konsumenten warn weiterhin verunsichert.
Niemand wusste wirklich, welche der sich widersprechenden Informationen denn jetzt der Wahrheit entsprachen.
Der belgischen Landwirtschaft hat der Skandal etwa 1,7 Milliarden DM und abertausenden von Tieren das Leben gekostet.
Als Konsequenz aus dieser Affäre setzte der österreichische EU-Komissar Franz Fischler eine Verordnung zum Schutz von geographischen Angaben und Herkunftsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel durch, sprich, auf jeder Verpackung von Agrarerzeugnissen muss für den Verbraucher erkenntlich sein, woher das Produkt stammt. Auf jedem Milchprodukt heutzutage steht beispielsweise das Land, die Region und dann die Nummer der Molkerei der Herstellung (in einem kleinen Oval).
Nach dem Medientrubel beruhigte sich die verunsicherte Bevölkerung wieder und ging im Allgemeinen zu ihrem ursprünglichen Konsum von tierischen Erzeugnissen zurück.
Die Firma Verkest feierte jedoch kurz darauf mit dem Namen „Profat“ ihre Neueröffnung – sieben Jahre später sollte sie erneut an einem kleineren Dioxinskandal durch verseuchte Fette in Tierfutter verantwortlich sein.
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siehe auch den Aufsatz über das Verhältnis der Belgier zur Natur

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