Mittwoch, August 02, 2006

Natur und Umwelt in Rumänien

Die Hausarbeit von Tudor aus Bukarest:
Rumänien ist ein wunderbares Land aus dem Sichtpunkt der Natur. Wir haben das Glück, sehr schöne Naturerscheinungen zu haben. Viele Gebirge mit ausgedehnten Waldflächen, Täler mit Flüssen und Bächen, die Donau, der größte Strom Europas, der unsere fruchtbaren Ebenen bewässert, oder das Schwarze Meer. Leider gibt es in Rumänien auch viele Menschen, die bewusst oder nicht diese Schönheit zerstören.
Weil wir seit 1989 von einem ökonomischem Standpunkt betrachtet eine schwierige Zeit erleben, haben sich wenige um die Natur gekümmert. Der Staat hat kein Geld, und Umweltschutz ist sowieso keine Priorität für unsere Politiker. Die einzigen, die irgendwie kämpfen, sind die kleinen Organisationen (NGOs), die aber keine Kraft haben, sich durchzusetzen. Ich werde im Folgenden die Situation in Roşia Montana, ein altes und kulturreiches Dorf aus den Karpaten schildern, um zu zeigen, wie Politik, Geld und Umwelt in Rumänien verbunden sind.
Roşia Montană ist ein sehr altes Dorf, es wurde von den Römern im 2. Jahrhundert. gegründet. Da die Gegend sehr reich in Bodenschätzen ist, wurde dort ein Bergwerk eingerichtet, eines der ältesten Bergwerke Europas (Alburnus Maior). Gold und Silber wurden in großen Mengen gefördert und nach Rom geschickt. Im Laufe der Zeit glaubte man, dass die Ressourcen erschöpft sind, und legte das Bergwerk still, das jetzt ein hoch interessantes Museum ist. Das Dorf blieb aber mit einer sehr geprägten Kultur, da Landwirtschaft und Bergwerk zusammen betrieben wurden. Es gibt dort viele Häuser aus dem 18. und 19. Jahrhundert, und die ganze Gegend ist durch staatliche Gesetze geschützt.
Aktuell aber wurden große Goldmengen in Roşia Montană entdeckt. Der Staat hat das Bergwerk an das kanadische Unternehmen Gabriel Ressources (=G.R.) verkauft. G.R. will ein neues und sehr großes Bergwerk errichten. Nach ihren Plänen müssen vier sehr große Krater eingerichtet werden, und dazu noch ein sehr großes See (800 ha) für die Dekantierung des Goldes. Mit anderen Wörter heisst das, dass die ganze Gegend (von etwa 1.600 ha) komplett zerstört werden wird. Was das eigentlich bedeutet: Mehr als 2.000 Einwohner werden aus ihren Häusern verjagt, über 800 Häuser müssen niedergerissen werden, darunter auch alte römische Gallerien und andere historisch und kulturell wichtige Gebäude. Man schweige von der Schönheit der Natur und des Ökosystems, die für immer zerstört werden. Die Risiken eines solchen Unternehmens sind sehr groß, weil man mit großen Mengen an Cianur arbeitet, um das Gold zu reinigen. Wenn diese Substanz in einem Fluß gelangt, dann sterben alle Fische und alle Pflanzen, weil Cianur sehr toxisch ist. Ein Unfall könnte das Aussterben des Lebens im Wasser in einem Bereich von mehreren Hunderten Kilometer bedeuten.
Und was erhält Rumänien aus diesem ganzen Geschäft? Nur 2 % der Einnahmen von G.R. Also fast nichts! Man kann sich vorstellen, wie patriotisch und gescheit unsere Politiker waren, die das bewilligt haben. Zum Glück gab es einige Organisationen wie Greenpeace die viel protestiert haben. Sie haben die Aufmerksamkeit der Presse und damit auch der Europäischen Union auf die Situation gelenkt. Das Projekt wurde zeitweilig gestoppt, obwohl eigentlich nach den rumänischen Gesetze hat G.R. das Recht, das Bergwerk trotzdem zu bauen. Der Staat kann das nur verzögern aber nicht verhindern. Vielleicht wird sich mit dem Beitritt Rumäniens in die Europäischen Union etwas ändern, und rasche Massnahmen sind nötig um den Umweltschutz zu verbessern.
Dieses Beispiel zeigt sehr gut, wie man in Rumänien mit Problemen der Umwelt umgeht. Die Situation ist ziemlich kritisch auch wegen der historischen Grundlagen. Rumänien ist ein agrares Land gewesen, der meiste Teil der Bevölkerung war in der Landwirtschaft beschäftigt. Die Industrialisierung ist hier sehr spät angekommen, der Prozess wurde während der kommunistischen Periode (1945-1989) durchgeführt. Erst nach der Revolution von 1989 begann die Entwicklung Rumäniens als ein marktwirtschaftlich kapitalistischer Staat. Viele der Fabriken wurden privatisiert, was im Grunde genommen eine gute Massnahme war, aber das wurde in Praxis sehr schlecht durchgeführt. Der Staat hat die Kontrolle verloren und es herrschte eine Art Chaos im Bereich der Investitionen und der Unternehmer; alles entwickelte sich sehr schnell, aber leider nicht planmäßig. Diese “Unordnung” kann man überall sehen, von den Straßen mit neu gebauten Häuser bis zu der Zerstörung der Landschaft. Über die Umweltprobleme scheint keiner nachzudenken…
Und die Folgen beginnen sich spürbar zu machen. Letztes Jahr, zum Beispiel, gab es große Überschwemmungen in Rumänien. Ausgedehnte Flächen waren unter Wasser, viele Häuser wurden zerstört, ganze Dörfer wurden niedergerissen. Man muss sich fragen, warum diese Katastrophen stattgefunden sind. Warum hat sich das Klima so verändert? Warum gibt es so viele Erdrutsche? Warum ist das Wasser, die Luft und die Erde so verschmutzt?

Neulich bin ich mit dem Zug in der Nähe von Bukarest gefahren und bin in der Nähe einer Müllablagerungsgrube gekommen. Die Aussicht war wirklich entsetzlich, es gab keine besondere Konstruktion sondern einfach eine Grube in die täglich der Müll von Tausenden von Menschen geworfen war. Wenn das die Art und Weise ist, in der wir unser Land und unser Planet schützen, dann haben wir noch vieles zu lernen. Und es soll uns nicht wundern, wenn uns solche Naturkatastrophen wie Überschwemmungen oder Waldfeuer oder saurer Regen erreichen; es ist nur unsere Schuld. Auf allen Ebenen, beginnend mit der Regierung und dem Präsident, und bis auf den einfachen Menschen auf der Straße, muss man sich kümmern, eine neue Mentalität zu erwecken, eine Denkweise die an der Zukunft orientiert ist. Nur so können wir die wahre Schönheit unseres Landes genießen.
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siehe auch den Aufsatz von Ioana über das Paradoxon des Wassers

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