Montag, Juli 24, 2006

Das Prestige-Desaster

Aus der Hausarbeit von Benu:
Ein Einblick gebendes Erlebnis und deren Folgen
Ein Ereignis gab mir erstmals Einblick in die soziopolitische Relevanz der Umwelt in einem demokratischen System, und es demzufolge auch heute noch – nach fast 4 Jahren – einen ganz konkreten Einfluss in diesen Aspekten besitzt. Ich rede von dem sogenannten “Prestige-Desaster”. Es handelt sich dabei um den Unfall eines Erdöltankers in der Nähe der Küsten Galiziens (Nordspanien); dass die Problematik letztendlich eine solche Ausbreitung annahm hängt wie gesagt mit der armseligen Reaktion der Regierung zusammen, die tagelang brauchte, um Maßnahmen gegen die Katastrophe zu unternehmen. Dass zur Zeit des Desasters die wichtigsten Regierungsmitglieder Spaniens und Galiziens zusammen auf Vogeljagd waren, und diese auch nicht unterbrachen, verringerte den Skandal nicht gerade. Das Resultat war katastrophal: wenngleich sich das Versinken auf hoher See ereignete – das Leck wurde z.T. durch den hohen Druck des tiefen Ozeans produziert –, umkreiste der riesige Petroleumfleck bald die gesamte Küste Galiziens. Die Folgen für die Natur waren – und bleiben, da das Schiff vom Grund des Ozeans weiter täglich einige Tonnen Erdöl abgibt - verheerend. Durch die hohe Medialisierung wurde der sogenannte “Prestige-Fall” schnell zum nationalen Skandal: Tausende von Menschen reisten als Freiwillige an das Atlantik, um beim Entfernen des “schwarzen Flecks” zu helfen, die konservative Regierung – damals schon auf Grund des Irakkriegs stark in Frage gestellt – rückte weiter in die Polemik – so wurden beide Ereignisse oft zusammen als Zeichen der Unfähigkeit der Regierung verwendet bzw. als politisches Argument seitens der Opposition benutzt, um sie zu diskreditieren. Das Prestige war monatelang Gesprächsthema Nr. 1 – und zwang mir, sei es durch Artikel über politische Neuigkeiten (auf Grund des bereits Erwähnten), wirtschaftliche Veränderungen (nicht nur Erdölaktien, sondern auch andere wie z.B. Kurse der Transportvehikel sahen sich stark modifiziert) oder soziale Aktionen (die Zukunft der arbeitslos gewordenen Fischer war lange bevorzugtes Thema der Klatschpresse), ein Bewusstsein der Wichtigkeit der Natur auch außerhalb ihrer selbst auf.
Dementsprechend hatte die Katastrophe auch Folgen – auf allen möglichen Ebenen. Was die Fischer angeht stellten sich die Artikel als sehr gute Werbung heraus, da sie (die Fischer, nicht die Artikel) kurz darauf von der Regierung subventioniert wurden. Inwiefern sie heute zu ihrer früheren Aktivität zurückgekehrt sind – ob sie es konnten und wollten – weiß ich leider nicht. Was die Petroleumaktienkurse angeht: sie mussten ihrerzeit eine starke Veränderung erleiden, diese ist aber durch die aktuelle Situation im Osten in den Schatten gestellt worden – ob dies glücklich ist oder nicht wollen wir hier nicht diskutieren. Und was den politischen Einfluss angeht: “Prestige und Irakkrieg” – die Unzertrennlichen – wirkten sich so aus, wie es vorherzusehen war – obwohl ein Attentat von al-Qāida 3 Tage vor den Parlamentswahlen wohl auch seinen Effekt gehabt haben dürfte: die konservative Partei wurde abgewählt. Und seitdem haben sich auch keine weiteren Naturkatastrophen in Spanien ereignet.
Benoît, Colegio Alemán de Barcelona, Spanien
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siehe auch den Aufsatz über den Umgang mit der Natur in Premià de Dalt
und den Aufsatz von Dina über die Ölschäden durch die Prestige
und den Aufsatz von Fernando über die Prestige-Katastrophe

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