Mittwoch, Juli 19, 2006

Umwelt in der Region Barcelona

Der Umgang der Menschen mit der Umwelt in der
Region Barcelona bzw. in Esplugues de Llobregat


In meiner Kleinstadt Esplugues gibt man sich fortschrittlich und sieht an jeder Straßenecke vier bis fünf verschiedene Müllcontainer. Demnach könnte jeder normale Einwoh-ner seinen Müll trennen und sich am Recycling beteiligen. Ob dies dann später im Sammellager wirklich durchgeführt wird, ist fraglich, spielt aber zunächst einmal keine Rolle. Und auch der noch so geruchsempfindliche Katalane kann sich nicht gegen diese progressive Entwicklung aussprechen, denn die Tonnen werden jeden Tag geleert und meist noch sorgfältig ausgespült In der prallen Augustsonne gärende Biomüllcontainer kann man schließlich niemandem olfaktorisch zumuten. Alles also kein Problem...
Doch so leicht kann man die Mitmenschen hier nicht zu umweltfreundlichen, verant-wortungsbewussten Verbrauchern verwandeln, die die Mühe auf sich nehmen, die wahren Fluten an unnötigem Verpackungsmaterial, Tüten oder überflüssigem „Schnickschnack“ aus dem ihnen so ans Herz gewachsenen Kunststoff (man denke an die Hüllen von Zeitschriften, Kleidung oder Obst und Gemüse...) zu trennen.
Denn die Mengen und die übliche Wohnsituation des handelsüblichen Katalanen stellen – meist als erste Entschuldigung genannt – ein ernst zu nehmendes Hindernis dar. Wenn die Wohnung für vier Personen aus 60 qm Wohnfläche besteht, jedoch auf eine Person dreiviertel Badezimmer kommen (was wiederum einen enormen Wasserverbrauch nach sich zieht), wo soll man denn dann auch noch die nötigen vier Haushaltsmülleimer unterbringen. In der Küche? Unmöglich, da steht einer der drei Familienfernseher und der Unmengen an Strom fressende Riesenkühlschrank à la USA. Auf dem Balkon? Auch kein Platz, da stehen die leeren oder Reservegasflaschen in knalligem Orange und das Gebläse der lebensnotwendigen Klimaanlage. Also bitte! Dann doch lieber alles schön kunterbunt gemischt in irgendeine Plastiktüte, die gibt es ja sowieso bündelweise und umsonst im Supermarkt, auf dem Dorfmarkt, an der Tankstelle, am Kiosk, einfach überall!!!
Mülltrennung? Kein Platz, zu umständlich, zu grün und überhaupt einfach doof. Sogar die mir bekannten zugewanderten Deutschen im Ort sehen es als ein erstes Zeichen der Assimilation an, die in Deutschland so respektierte und mit liebevoller Hingabe prakti-zierte Mülltrennung, nun ja „zum Altpapier“ zu werfen, passt zwar nicht so der Ausdruck, aber so ist es leider Gottes.
Auch der Espluguense und das Trinkwasser haben eine liebevolle Beziehung, je nach-dem wie man es sieht – und im Sommer vor allem riecht...
Da ist es bei uns sehr heiß und dann meist auch trocken. Kein Regen, der die geliebten Pflänzchen tränken könnte. Also muss man selber ran und die paar Quadratzentimeter des tropischen Balkons oder den Riesengarten eben gießen. Und das natürlich jeden Abend (mittags ist das aber auch keine Seltenheit, bei 34° C im Schatten...). Des weiteren ist unsere Stadtverwaltung auch so liebenswert, die Bäume, in der letzen Juliwoche aus der Baumschule direkt im Abstand von zwei Metern eingesetzt, zu hegen und zu pflegen. Die Straßen werden auch jeden Tag brav abgespült, sonst könnte ja der Unrat (Müll, Pudels Geschäft etc.) zu riechen beginnen.
Das läuft dann alles in den Boden.
Immer tiefer und immer tiefer.
Das Grundwasser stand allerdings auch schon ein paar Wochen ungefiltert still (außer gelegentliches Einsickern von Abwässern nach dem privaten Autoputzen z.B. ...), und um uns, den Verbrauchern, das Leben leichter zu machen, wird das Trinkwasser (so schon eher ungenießbar und nicht zum Verzehr ratsam) mit Chlor angereichert. Dann will man sich diese chemische Errungenschaft nach dem obligatorischen Poolbesuch - hat schließlich fast jedes Haus! - abwaschen und kann nicht mal den Hauch des edlen Duschgels „erriechen“. Schade eigentlich.
Was auch zuerst erheitert, dann nur noch resigniert den Kopf über die ökologischen Trampel den Kopf schütteln lässt, ist die anfangs schon erwähnte Liebe zu Grünflächen. Nicht nur öffentliche sondern auch private werden liebevoll in Schuss gehalten. Logisch also, dass die Tennis- und Poloclubs oder Golfvereine der Umgebung oberste Priorität besitzen und bei der oft herrschenden Trockenheit ihnen als allerletzten das Wasser rationiert wird.
Jawohl, das bedeutet noch nach den Privathäusern!

Bauland durch Brandstiftung

Zum Schluss ein Erlebnis.... Mhmm.?!?!?!?
Wir wohnen am Rande eines so genannten Naturschutzgebietes. Das soll natürlich geschützt bleiben. Und gestresste Bewohner zu einem erholsamen Spaziergang einladen. Es gibt dort sogar eine Quelle, mit angeblich gesundem Wasser. Und für unterhaltungssüchtige sogar einen Wanderpfad, von dem aus man unsere Kleinstadt sowie Barcelona und das Meer überblicken kann. Es ist sogar möglich das geliebte Fußballstadion „Camp Nou“ zu sehen, und IKEA, und die Sagrada Familia, und die Anlage der Olympischen Spiele von 1992, undundund ... perfekt also!
Doch dieses relativ große Areal, von echten Tieren, z.B. Wildschweinen bewohnt, lädt nicht nur zum Genießen der Natur ein.
Nein. Für manche stellt es viel mehr dar. Bauland nämlich!
Riesige freie Flächen, auf denen man lukrative Hochhäuser hochziehen könnte (die Sicht, einfach fabelhaft... „Sehen sie das Meer? Jeden Abend könnten sie es vom Balkon aus sehen!“).
Super! Doch wie kriegt man die Genehmigung?
Gar nicht, ist schließlich geschützt, ganz offiziell. Keine Chance? Nun ja.... Eine Gesetzeslücke gibt es. Man muss es nur richtig anstellen.
Brennt nämlich – unglücklicherweise natürlich! – ein bisschen Fläche ab, ist sie nicht mehr schön und für den nach Ästhetik lechzenden, gestressten Katalanen uninteressant. Also, kein Problem.
Das Land raucht noch und schon ist es zum Verkauf frei gegeben. Klasse!
Deswegen konnte man letzten Sommer – wenn es heiß ist, brennt so ein Stückchen Land halt mal, logisch – viele Löschhubschrauber am strahlend blauen Himmel über dieses Gebiet fliegen sehen. Traurig aber wahr.
Es scheint, als würde manch ein gewitzter Geschäftsmann die Natur ausnutzen wollen und aus ihr Nutzen ziehen.
Was kann er schließlich dafür wenn es brennt? Nichts... Und wenn es Brandstiftung war? Garantiert nicht seine Schuld, zweifelsohne. Nur wenn die Fläche halt leer ist, wozu noch lange – tja – „fackeln“? Schon stehen Bagger, Kräne und Raupen bereit...
Auch wenn meine Beobachtungen bezüglich Mensch und Umwelt eher negativ ausfal-len, so darf man nicht pauschalisieren. Es gibt genauso gut Menschen, die sich für den Schutz der Natur aussprechen. Und immer mehr Initiativen der Regierung und Verwaltungen, jeden, ob Jung oder Alt, ein bisschen aufmerksam auf den Umweltschutz zu machen. Denn das dies ein wichtiges Thema ist, ist klar. Es ist nur eher schwerer es in der Region an den Mann und die Frau zu bringen. Mit viel Geduld, wird man es schon irgendwie schaffen. Auch wenn es sehr langsam und zäh passiert, ein Hoffnungsschimmer ist am versmogten Horizont schon leicht zu erahnen...

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siehe auch die Aufsätze von Benoit Natur in Premià de Dalt und Das Prestige Desaster

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